Die Ermordung von Qassem Soleimani: Stoppt die US-Aggression in Nahost

Kaum war der weltweite Feuerwerkszauber und Donner der Neujahrsnacht verhallt, hielt ein von US-Präsident Donald Trump ausgelöster Militärschlag die Welt in Atem. Ängste vor einer Explosion im Pulverfass des Mittleren Osten und einem ausufernden Krieg mit unabsehbaren Folgen machen sich breit.

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Am frühen Morgen des 3. Januar 2020 führte die Trump-Administration in einem Akt höchster Arroganz die Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani sowie des irakischen Paramilitärführers Abu Mahdi al-Mohandes auf dem Flughafen von Bagdad durch. Wieder einmal trägt der US-Imperialismus wesentlich zur Instabilität im Nahen Osten bei.

Trump versucht, den Anschlag, bei dem auch acht weitere Iraner und Iraker getötet wurden, als „Verteidigungsmaßnahme“ darzustellen. Dabei es ist nichts anderes als die gezielte Hinrichtung von Führern zweier Staaten auf fremdem Boden. Dazu holte er nicht einmal die Zustimmung des Kongresses ein.

Laut Trump plante Soleimani einen Anschlag, der Hunderte von US-Menschenleben kosten könnte. Der einzige Beweis dafür ist, dass Soleimani vom Iran unterstützte Milizen im Libanon, in Syrien und im Irak besucht hatte und danach Ajatollah Chamenei im Iran aufsuchte. Wie das mit einem behaupteten Angriff auf die USA zusammenhängt, ist reine Spekulation. Darüber hinaus war Soleimani der oberste General des iranischen Revolutionsgardenkorps im Ausland. Er war kein Aktivist vor Ort und so würde seine Tötung die Pläne für bevorstehende Anschläge sicher nicht aufhalten. Diejenigen, die jetzt im Nachhinein versuchen, diesen Akt imperialistischer Aggression zu rechtfertigen, sind dieselben, die 2003 Lügen über so genannte „Massenvernichtungswaffen“ verbreiteten und eine so genannte „unmittelbare Bedrohung“ fabrizierten, um den Startschuss für eine verheerende Besetzung des Irak zu geben.

Trump und fast alle Republikaner sowie Demokraten im Kongress behaupten ebenfalls, dass der Angriff gerechtfertigt sei, da Soleimani hinter „der Tötung von mehr als 600 Amerikanern“ stecke. Aber sie verschweigen dabei, dass Soleimani schiitische Milizen unterstützte, die gegen die US-Besatzungstruppen im Irak kämpften. Diese Besetzung hat bisher mindestens 1,5 Millionen Iraker ums Leben gebracht! Darüber hinaus waren dieselben Milizen im Krieg gegen den Islamischen Staat mit den USA verbündet. Tatsächlich sind einige von ihnen immer noch gemeinsam mit US-Truppen im Einsatz.

Trump behauptet, Soleimani habe auch eine Schlüsselrolle bei der Unterdrückung von Protestbewegungen im Irak, Im Iran und im Libanon gespielt. Das mag stimmen, aber wie wir in Trumps herzlichem Verhältnis zur saudischen Monarchie sehen können, lagen ihm die demokratischen Rechte von Demonstranten nie am Herzen. Tatsächlich haben die irakischen Demonstranten auf dem Tahrir-Platz zu Recht den US-Angriff verurteilt.

Die Tötung Soleimanis war nichts anderes als ein dreister imperialistischer Angriff mit dem Ziel, zwei Nationen zu unterwerfen. Alle Gewerkschafter und Revolutionäre müssen sich weltweit diesem Angriff und allen weiteren imperialistischen Aggressoren im Nahen Osten energisch widersetzen. Wir müssen die zugrundeliegenden tatsächlichen Interessen hinter solchen imperialistischen Handlungen entlarven, die nichts mit der Not der Armen und Unterdrückten im Nahen Osten oder dem Schutz der westlichen Arbeiter und armen Bevölkerung zu tun haben, sondern mit den engen Interessen der Kapitalistenklasse. Trump verfolgte mit seiner Entscheidung vor allem reines Eigeninteresse. Er ist daran interessiert, die Aufmerksamkeit von dem laufenden Amtsenthebungsverfahren abzulenken und sich gegenüber Freund und Feind als Mann der Tat aufzuplustern.

Hinter ihm stehen Teile der Republikaner und Kräfte innerhalb des Sicherheitsapparats, die mit aller Gewalt einen Konflikt mit dem Iran provozieren wollen, um das Ansehen des US-Militärs nach Jahren demütigender Rückschläge wiederherzustellen. Aber diese extreme Kurzsichtigkeit, zentrales Merkmal der herrschenden Klasse heute, beschwört nun die Gefahr herauf, in einer ohnehin sehr instabilen Region noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Und das Endergebnis wird nicht im Interesse Trumps oder des amerikanischen Imperialismus liegen.

Schon wächst Druck auf die USA, sich aus dem Irak zurückzuziehen. US-Spezialeinheiten haben sich von den vorderen Positionen zurückgezogen, um US-Stützpunkte zu verteidigen. Das irakische Parlament möchte das Militärabkommen zwischen beiden Ländern beenden, um die USA aus dem Irak zu drängen. Dies wäre ein schwerer Schlag für den US-Imperialismus. Aber wie ein Spieler auf einer Verliererserie verdoppelte Trump seinen Einsatz und drohte damit, 52 Orte im Iran zu bombardieren, ddarunter auch wichtige kulturelle Stätten. Auf den Plan des irakischen Parlaments, US-Truppen aus dem Irak zu vertreiben, hat er mit Sanktionen und Schlimmerem gegen den Irak reagiert.

Die herrschende Klasse der USA behauptete stets gebetsmühlenartig, die Invasion des Irak sei eine Maßnahme zur Einführung von Demokratie und Frieden. Doch sie spricht Drohungen gegen die Entscheidungen des irakischen Parlaments aus. Dies ist das unmaskierte Gesicht des US-Imperialismus. Zwar haben einige Demokraten wie Nancy Pelosi Trumps Vorgehen abgelehnt. Aber sie kritisieren nicht die imperialistische US-Politik im Irak als solche, sondern vielmehr die Art und Weise ihrer Durchführung. Sie beklagen, dass Trumps Handeln für den US-Imperialismus nicht von Vorteil sei. Vergessen wir nicht die vielen Bombardements und Kriegseinsätze auch unter Trumps Vorgänger Barack Obama von den Demokraten.

Aber ihre Kritik an Trumps Vorgehen ist nicht ganz unbegründet. Soleimani war eine Schlüsselfigur des iranischen Regimes und seine Ermordung hat diesem Regime jetzt in die Hände gespielt. In den vergangenen Monaten wurden der Iran und seine Verbündeten im Libanon und im Irak von mächtigen Massenbewegungen mit revolutionären Tendenzen erfasst. Insbesondere im Irak hat die so genannte „Oktoberrevolution“ den Protest gegen Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption sowie den fast allgegenwärtigen Einfluss des Iran im Staatsapparat ausgedrückt. Im Libanon steht die von der Hisbollah geführte Regierung auch unter immensem Druck der revolutionären Bewegung. Aber weder im Libanon noch im Irak ist es dem Regime gelungen, die Situation zu stabilisieren. Tatsächlich reiste Soleimani hektisch zwischen Beirut, Bagdad und Teheran hin und her, um die konterrevolutionären Bemühungen mit iranischen Verbündeten und Stellvertretern zu koordinieren.

Im Iran selbst waren im Herbst zwei Tage gewalttätiger Proteste ausgebrochen, nachdem die staatliche Treibstoffsubventionen über Nacht im November gekürzt worden waren. Sehr schnell eskalierten diese Proteste von wirtschaftlichen Forderungen bis hin zu Aufrufen zum Sturz des Regimes. Das Regime wurde nur durch einen vollständigen Medien-Blackout und eine Razzia gerettet, bei der mindestens 1.500 Menschen getötet, Tausende weitere verletzt und bis zu 10.000 Menschen festgenommen wurden. Dies war eine der mächtigsten Herausforderungen für die Islamische Republik in ihrer 40-jährigen Geschichte und hat das Regime stark geschwächt. Damals scheiterte das Regime kläglich an der Mobilisierung einer Gegendemonstration und schaffte es nur, wenige zehntausend Menschen auf die Straße zu mobilisieren. Doch Soleimanis Beerdigung hat in den ersten Tagen des neuen Jahres Millionen Menschen im ganzen Iran mobilisiert. Ähnliche Szenen spielten sich auch im Irak ab, wo 500.000 Menschen an Trauerzügen teilnahmen. Trumps Angriffe und Eskalationsdrohungen stärkten das iranische Regime und werden die revolutionären Bewegungen in der nächsten Periode erst einmal schwächen.

Die Iraner gehen nun in die Offensive. Im Irak, wo sich seit einigen Jahren ein Kampf zwischen den USA und dem Iran um den irakischen Staatsapparat abzeichnet, drängen die Iraner nun auf einen totalen Rauswurf der USA und die Entfernung ihrer Armeeangehörigen, Berater und Verbündeten aus dem Staatsapparat. Sie machen auch Druck auf die Amerikaner in Afghanistan. Und sie haben sich vollständig aus dem Atomabkommen zurückgezogen. Dies bedeutet, dass sie wahrscheinlich mit der Entwicklung von Atomwaffen beginnen werden. Und die USA können dagegen wenig tun.

Neue Kriegsängste machen sich breit. Allerdings ist ein Bodenkrieg mit Invasion durch die US-Truppen ausgeschlossen. Die US-Bevölkerung ist kriegsmüde und hat nicht vergessen, dass eines von Trumps eigenen zentralen Wahlkampfversprechen im Jahr 2016 der Rückzug aus dem Nahen Osten war. Darüber hinaus belaufen sich die Staatsschulden der USA auf über 23 Billionen Dollar. Ein neuer Krieg, der fünf bis zehn Billionen Dollar mehr kostet, kommt nicht in Frage. Ein neuer großer Krieg der USA hätte beispiellose soziale und politische Auswirkungen. 17 Jahre nach der Invasion im Irak haben die USA die Kriege im Irak und in Afghanistan verloren. Der Iran wäre ein noch gewaltigerer Feind. Hier gibt es ein bergiges Terrain, ein starkes, kampferprobtes Militär und ein Volk, das zutiefst antiimperialistisch ist.

Iran besitzt auch Langstreckenraketen und Stellvertretergruppen in der Region, die Zehntausende stationierter US-Truppen von jeder Seite ins Visier nehmen könnten. Iran könnte auch die Meerenge von Hormus schließen, die für Öltransporte auf den Weltmarkt wichtig ist. Dies wäre eine ernste Bedrohung für eine brüchige Weltwirtschaft. Aus all diesen Gründen kommt eine Invasion des Iran nicht in Frage. Selbst eine ernsthafte Luftoffensive der USA ist nicht durchführbar, da sie fast alle US-Stützpunkte im Nahen Osten dem Risiko von Angriffen aussetzen würde. Das Vorgehen der USA bestätigt dies. Obwohl zusätzlich mehrere tausend US-Soldaten in die Region entsandt wurden, um die bestehenden US-Interessen zu verteidigen, sind diese bei weitem nicht das, was für eine ernsthaften Krieg erforderlich wäre. Natürlich könnten Trumps unberechenbare und launenhafte Aktionen den militärischem Konflikt eskalieren, aber dies wäre sehr riskant für den US-Imperialismus.

Gegen den Imperialismus!

Die Ereignisse der ersten Januartage waren mehr als alles andere ein Zeichen für die Schwäche des US-Imperialismus und nicht für seine Stärke. Es gibt keine Macht, die auch annähernd so stark ist wie der US-Imperialismus, und doch ist dieser Imperialismus relativ gesehen nicht mehr so stark und mächtig wie früher. Im Laufe der Ereignisse wird dies zunehmend deutlich werden. Wie ein Erdbeben, das Widersprüche offenbart, die sich unter der Oberfläche angesammelt haben, wird Trumps unberechenbares Verhalten das neue Kräftegleichgewicht in den Vordergrund rücken, das sich im Nahen Osten entwickelt hat. In dieser neuen Situation wird der US-Imperialismus gezwungen sein, eine kleinere Rolle zu spielen. Aber das an sich bedeutet nicht mehr Stabilität oder bessere Bedingungen für die Massen der Region. Unsere Aufgabe ist es, uns dem Imperialismus entgegenzustellen. Nur durch den Sturz des Kapitalismus können wir Frieden und Stabilität sichern, indem wir die Herrschenden entmachten und ein System beenden, das Krieg, Elend und Ausbeutung für die Massen bedeutet.

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